Christoph Nix gibt Einblick in sein Sardinien-Tagebuch

Christoph Nix, seit wenigen Tagen 70 Jahre alt, legte dieser Tage im VSA Verlag Hamburg ein neues Buch vor: „Gramscis Geist. Ein sardisches Tagebuch“. Am 11. Dezember liest er daraus in einer Veranstaltung der „Büchertreppe“ Krofdorf-Gleiberg. (Foto: privat, Coverfoto: Sebastiano Piras)

Er, der multitalentierte Autor, war nie einer mit „Fähnchen im Wind”-Mentalität. Ganz im Gegenteil. In seinen (Brot-)Berufen eckte er immer an – bei allem Erfolg. Kaum anders im politischen Ehrenamt. Wir auch immer. Der Theatermann und Jurist, er musste stets weiterziehen. Abseits seiner beruflich gewohnten Bühnen hat er, der unentwegt publizierte, der Thesen untermauerte und dazu Bücher schrieb, daneben mehrere Romane, in diesem Herbst ein neues Buch vorgestellt (VSA-Verlag). Es taugt für mehr als „Spartenprogramm”.

Es beschäftigt sich mit einem seiner unbedingten Sehnsuchtsorte, einer seinen Lebensweg deutlich mitbestimmenden Insel, die – trotz aller klimatischen Reize und (alltags- wie geschichts-)kulturellen Schätze – keineswegs ein mediterraner Quotenbringer ist.

Man könnte von relativer Koinzidenz sprechen.

Der von der Dill stammende und seit den 1980ern in Wettenberg verankerte Christoph Nix hat seine auf 142 Seiten komprimierten Sardinien-Erinnerungen in die Buchläden gebracht. „Gramscis Geist. Ein sardisches Tagebuch”, so heißt das (leider allzu behutsam) illustrierte Werk. (Ein Bogen Papier mehr, 16 Seiten, wären es Wert gewesen, auch Katrin Bollmanns und Sebastiano Piras’ Arbeit gebührend darzustellen. Sie Zeichnerin, er Fotograf.)

Nix samt Werdegang an dieser Stelle ausführlicher vorstellen zu wollen, wäre eine Papierplatzverschwendung. Seine Vita findet sich auf christoph-nix.de: Strafverteidiger, Schriftsteller, Regisseur, Wissenschaftler, Honorarkonsul. Sein hiesiges Leben gibt es in den Archiven der Tagespresse: Gemeindevertreter Wettenberg, Kreisbeigeordneter Gießen, Clown, Strafrechtler, streitbarer Mitbürger …

Aber wir müssen auf dieses Büchlein zu sprechen kommen.

„Gramscis Geist” weist ihn als ein in Konstanz und Alghero auf Sardinien lebenden Zeitgenossen aus. Das Buch orientiert sich an Nix’ politischem Idol Antonio Gramsci – und an den eigenen Reisen auf dessen Spuren. Es ist, reich an Zitaten, ein politisches Buch. Ein Plädoyer für eine bessere Welt. Aber es ist eben auch eine Art Reiseführer, ein Ermutiger, sich dieser Insel zu nähern. „Man sollte sich nach Sardinien aufmachen, wenn man sich fremd geworden ist und sich in der Fremde wiederfinden will”, heißt es im Vorwort. Nix liefert hernach etliche Belege dafür, dass das gelingen kann.

Ja, das Buch taugt zu unterschiedlichen Sichtweisen. Es ist der Wegbegleiter, wenn man – nach literarischer Motivation durch Guiseppe Fioris Gramsci-Biografie – den Lebensweg des auf Sardinien geborenen Politikers und Philosophen abgehen will, etwa um zu erfahren, welche Chancen Europa abseits der gegangenen Wege gehabt hätte (wenn nicht Europa: dann wenigstens Italien …. statt Berlusconi und Meloni).

Es ist aber zudem ein touristisches Buch, mit guter Kartografie: Italien-Reisende, die (aus nachvollziehbarem Grund) bislang bevorzugt auf Bücher aus dem Verlag des (auch in Lich verankerten) Verlegers Klaus Wagenbach setzten, sollten Nix’ neues Publikation im Gepäck haben. Fraglos!

Darüber hinaus ist es ein persönliches, ein fast intim anmutendes Buch. Eben ein Tagebuch. Nix verrät zwar „nix”, aber er offenbart vieles. Klingt manches Mal vertraut, hin und wieder ein wenig kokettierend. Sei’s drum. So ist er, der Hedonist. Anbei begegnen uns – das ist für ihn Chronistenpflicht – Götz George und Dieter Kronzucker. Dann lesen wir vom prominentesten seiner Weggefährten, dem Ex-Wiesecker Frank Walter Steinmeier, unserem Bundespräsidenten, mit dem er in den 1980ern auf der Insel gewesen ist. Prof. Ulrich Sonnemann ist dabei, sehr ausführlich, ein Naziverfolgter und Exilant.

Von Privatem ist die Rede, von Namen und Personen, die man im Gleiberger Land verorten kann. Von Liebschaften, echten und erhofften (die Bäckerin!!), von Tiefschlägen … und eben von dieser Insel, ihrer Sonderrolle im Staat und mehr noch in der Gesellschaft Italiens, von Antonio Gramsci und dessen Vermächtnis. Letztlich haut Nix emotional alles raus im Kapitel „Komm zu mir, Schwester Tod”. Dieses Kapitel muss hier nicht vertieft werden.

Eine öffentliche Lesung mit Christoph Nix ist in Vorbereitung für den 11. Dezember 2024 in Krofdorf-Gleiberg; voraussichtlich Heimatmuseum. Weitere Informationen dazu bei Sabine Loh in der „Büchertreppe” Krofdorf-Gleiberg, im Amtsblatt der Gemeinde Wettenberg und – wenn sie mitspielt – in der Tagespresse.

Norbert Schmidt

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