Bis zu 100 Menschen aus allen Generationen waren es, die unlängst auf dem Hof neben Gerlachs Autohalle feiernd daran erinnerten, dass sich vor 180 Jahren die Erfindung der Schieferstraße vollzog. Diese erstreckt sich von Lindemanns Eck an der Kinzenbacher Straße, vis-à-vis der Treppe zur Bürgermeisterei, bis zum Feuerwehrhaus. Fast ausnahmslos waren es „Schiwwergässer”, die sich beim „Sommertreff” gemeinsam ihres Daseins erfreuten – alteingesessene, zugezogene, aktuelle und ehemalige.
Für einen Moment blockierten die „Sommertreff“-Gäste den Durchgangsverkehr. (Foto: Sammlung no)
Ein „Sommertreff”-Festkomitee (Bianca Gerner, Nora Schmidt, Hans-Georg Gerlach, Michael Schwab, Carsten Dippel u.a.) hatte die Veranstaltung vorbereitet und schulterte dann die arbeitsaufwändige Umsetzung. Zur Kaffeetafel und zum abendlichen Grill-Büffet trugen etliche Besucher mit Kuchen und anderem leckeren Backwerk sowie mit schmackhaften Salaten bei.
Zur Unterhaltung spielte ein von Michael Visarius aus der Bachgass’ in Heuchelheim zusammengestelltes „Schauerorchester”, das volkstümlich-traditionelle Blasmusik im Repertoire hatte. Hernach hörte das Publikum kurzweiligen internationalen Gitarrenfolk, gespielt von den „Guitar Gamblers”; das sind Hanno Heerdt aus der benachbarten Kinzenbacher Straße und Jean Baptiste Pigott aus Paris.
Apropos: Die am weitesten angereisten „Schiwwergässer” kamen aus Südfrankreich und von der Waterkant, aus Bremen. Viel Beifall (sowie Blumen und ein Ständchen) gab es an diesem Tag für Christa Ewert aus der 15, denn sie durfte sich eines nicht alltäglichen runden Geburtstages erfreuen.
Die Erfindung der Schieferstraße in den 1840er Jahren resultiert aus dem Verkauf des Lesche Hofes samt zugehöriger Ländereien. Letztere wurden parzelliert und kamen, von 1844 an, bei Versteigerungen im Gasthaus Abel unter den Hammer. Bis dahin gab es in diesem Teil des Dorfes nur das besagte Gehöft des niederen Landadels und ein kommunales Brauhaus (am Waschteich / seit 1958 Spielplatz).
Die Bebauung entlang des weiland Braugass genannten, noch nicht befestigten Weges erfolgte bis um 1900 nur an der Ostseite. Da nahezu alle Häuser im Obergeschoß wind- und wetterbedingt zur offenen Feldflur hin eine Schiefer-Verkleidung erhielten, ergab sich bei einer Neuordnung des Dorfes bzw. der Gebäude-Bezifferung die bis heute gebräuchliche Straßenbezeichnung.
Zu den Besonderheiten der 26 Hausnummern ausweisenden Schieferstraße zählt die Tatsache, dass etliche der Anwesen von Beginn an und bis in unsere Zeit hinein generationen-übergreifend von ein und derselben Familie bewohnt wurden und werden.
Eine Verschriftlichung der Straßengeschichte ist in Arbeit. Das angestrebte Druckwerk enthält etliche Illustrationen, darunter Dokumente und ältere Motive, aber auch solche aus einer gegenwärtig gelebten Nachbarschaft. Ein nächster Sachstandsbericht in dieser Sache wird für den „Wintertreff” zwischen den Jahren angestrebt. Einige Fotos aus dieser Sammlung finden sich auf einer „Wandzeitung” am Gartenzaun von Haus Nummer 18.
Größere „Schiwwergässer” Straßenfeste fanden erstmals in den Mittsiebzigern des vergangenen Jahrhunderts statt. Seinerzeit unter den Hauptakteuren „Gut Freund”-Altbursche und Kommunalpolitiker Horst Kratochwill, Metzgermeister Klaus Valentin sowie Gassen-Altvordere wie Willi Funk, Janes’ Paul, Hans Gerlach und Gärtner Heinrich Krommer sowie eine lokale Armada ganz taffer, lebenskluger Frauen.